Kleinunternehmerregelung

Kleinunternehmerregelung als Personal Trainer

Warum rate ich jedem Personal Trainer von dieser Kleinunternehmerregelung ab?

Ich kenne natürlich keine genauen Zahlen, aber ich vermute, dass ca. 50% aller Personal Trainer die Kleinunternehmerregelung anwenden. Oftmals wird uns dies vom Steuerberater empfohlen oder wir selbst entscheiden uns dafür, da man ja selbst zu Beginn eher weniger Umsätze macht oder irgend ein anderer Kollege mir das empfohlen hat.

Was ist die Kleinunternehmerregelung überhaupt?

Die Kleinunternehmerregelung ist gemäß § 19 des Umsatzsteuergesetzes eine Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht. Sie ermöglicht Unternehmern, die niedrige Umsätze haben ein Wahlrecht. Diese werden dann im Grunde als Nichtunternehmer behandelt. Diese sog. „Kleinunternehmer“ können auf den Ausweis und die Abführung von Umsatzsteuer verzichten. Sie sind dann aber auch vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen. Die Beitragsbemessungsgrenzen sind folgende: Der maßgebende Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer beträgt im vorangegangenen Kalenderjahr – also 2016 – weniger als 17.500 Euro und im laufenden Kalenderjahr – also 2017 – wird er 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen.

Warum bin ich so konsequent dagegen und rate im Business Coaching und in meinem Seminaren dringend davon ab?

Als erstes schon einmal wegen des Begriffs: KLEINUNTERNEHMER.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht….? Willst Du Kleinunternehmer sein? Was ist ein Kleinunternehmer? Bitte verstehe das jetzt nicht falsch. Ich will auch nicht despektierlich sein! Aber ich gehe erst einmal davon aus, wenn ein Personal Trainer SEIN Unternehmen gründet, weil er sich eine Existenz aufbauen will, weil er ein erfolgreicher Unternehmer oder eine Unternehmerin werden will / sein möchte oder idealerweise davon eine Familie ernähren kann, falls das im Lebensplan stehen sollte. Also, um es profan auszudrücken: Weil er damit Geld verdienen will.

Ich möchte allen Skeptikern entgegnen: Es hat oft so einen faden Beigeschmack, wenn wir mal übers Geldverdienen sprechen. Viele denken dann immer, man macht das rein des Geldes wegen. Allen sei gewiss: Willst Du Millionär werden, dann werde NICHT Personal Trainer. Vielleicht wird es mal irgend wann einen geben, der das schafft, aber die überragende Mehrheit nicht. Deshalb, im Beruf des Personal Trainers geht es weniger ums Geldverdienen, sondern weil es Berufung ist.

Und trotzdem und gerade deswegen ist es völlig legitim, dass wir damit Geld verdienen und unseren Lebensunterhalt sehr gut erwirtschaften können.

Zurück zum Thema Kleinunternehmerregelung…

Der Zweck eines Unternehmens so wie Du es als Personal Trainer hast ist u.a., Geld zu verdienen. Erfolgreiche Unternehmen verdienen Geld und mit der Kleinunternehmerregelung kannst Du kein Geld verdienen.

Vielleicht fragst Du Dich jetzt warum? Ganz einfach: Weil Du in Deinen Umsatzzahlen eingeschränkt bist. Du darfst ja nicht mehr als 50.000€ Umsatz machen, denn dann musst Du sofort die Kleinunternehmerregelung beenden und dann glaub mir, beginnen die wahrhaftigen Probleme Deiner Entscheidung für diese Regelung.

Dein Klient wird irgendwann eventuell „sauer“ auf Dich sein.

Wir gehen mal davon aus, dass Du 70€ pro Stunde Deinen Klienten berechnest. Da Du die Kleinunternehmerregelung anwendest, sind für Dich und Deinen Klienten diese 70€ netto wie brutto. Er zahlt am Ende des Monats für 10 Stunden = 700€.

Nun kommst Du am 30. September 2017 an die Umsatzgrenze von 50.000€, weil einfach nun mal das Jahr 2017 Dein erfolgreichstes ist und Du kein Sommerloch erlebt hattest. Das heißt, ab 01.10.2017 wirst Du Deinem Klienten statt 70€ pro Stunde in Zukunft 83,30€ berechnen müssen. Bei 10 Stunden Personal Training sind das dann 833,00€ statt wie bisher 700€.
Was denkst Du, wie begeistert Dein Klient über die neue Rechnung sein wird? Natürlich wirst Du ihm bereits zu Beginn des Oktobers sagen, dass Du jetzt 13,30€ / Stunden mehr verlangen wirst. Das sind nur knappe 20% Teuerungsrate. Vertrau mir, auch darüber wird Dein Klient nicht begeistert sein.

Was wird also passieren?

Dein Klient wird sagen: „Lieber Herr …..! Das ist ja schön und gut, dass Sie mit Personal Training (endlich) gutes Geld verdienen und es sei Ihnen auch gegönnt. Ich freue mich sehr für Sie. Aber ich bitte Sie auch um Verständnis, dass ich eine Preiserhöhung um knapp 20% nicht mitgehen werde. Ich bitte Sie, mir auch in Zukunft die 70€ zu berechnen oder wir müssen unsere Zusammenarbeit beenden.“

Wir lassen jetzt mal den vermutlich eher seltenen Fall außen vor, dass ein Klient sagen wird: „Lieber Herr …..! Selbstverständlich zahle ich gerne die 13,30€ pro Stunde mehr, weil Sie es mir wert sind.“

Wir bleiben beim ersten Beispiel….

Was wird die Folge sein? Du wirst also Deinem Klienten weiterhin die 70€ in Rechnung stellen, da Du ihn ja nicht verlieren willst. Die Konsequenz daraus ist, dass Dein Stundenumsatz bei diesem und vermutlich allen weiteren Klienten eben nicht mehr 70€ beträgt, sondern nur noch 58,82€ – also roundabout 11€ weniger. Das Gesamtergebnis: Deine Liquiditätsplanung stimmt nicht mehr und Du wirst irgendwann Dein Business einstellen müssen, weil es nicht mehr rentabel ist.

Oder Du suchst Dir ganz schnell neue Klienten, denen Du dann 83,30€ pro Stunden verkaufen kannst. Vermutlich wird aber auch das nicht so schnell gehen.

Und nun kommt möglicherweise Problem Nummer 2 auf Dich zu….

Wir stellen uns mal vor – und so entwickelt sich seit Jahren die Branche Personal Training – das Stundenhonorar der überragenden Mehrheit der Personal Trainer Kollegen in Deiner Region wird immer günstiger, liegt unter 60, vielleicht sogar unter 50€ pro Stunde. Nun hast Du aufgrund der staatlich notwendigen Honorarerhöhung – Du mußtest ja die Kleinunternehmerregelung beenden – 3-5 Klienten verloren und brauchst dringend neue, eben welche zu 83,30€ pro Stunde. Diese treffen sich zum Kennenlerngespräch mit Dir und werden Dich ggf. fragen, warum Du sooooo viel teurer bist als alle anderen? Möglicherweise werden 30, 50 oder gar 75% aller Gespräch erfolglos enden. Du wirst also Dich neu und anders verkaufen müssen. Das wird eine große Herausforderung. Fang bitte direkt heute damit an, damit Du darauf vorbereitet bist. Idealerweise läßt Du Dich genau in dem Thema Honorar / Verkauf schulen, bildest Dich weiter.

Wir nehmen mal an, all das gelingt Dir gut und Du wirst irgendwann wieder erfolgreich sein, sehr gute Verkaufsgespräche führen, neue Klienten gewinnen und mit 83,30€ pro Stunde mehr Umsatz machen.

Dann möchte ich Dich fragen: Warum hast Du nicht direkt 83,30€ pro Stunden verkauft und hast womöglich auf das Argument „netto wie brutto“ gehört. An der Stelle verstehst Du hoffentlich, dass Du nicht unternehmerisch gedacht hast.

Und kommen wir zum dritten „Problem“, was im Grunde kein Problem ist, aber sehr sehr ärgerlich.

Oben steht: „ Sie sind dann aber auch vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen.“.

Was bedeutet das?

Wendest Du die Kleinunternehmerregelung an, so darfst Du NICHT die Umsatzsteuer anderer Rechnungen als Vorsteuer ziehen. Du darfst also nicht die von Dir bezahlten Mehrwertsteuerbeträge, Deinen vereinnahmten Umsatzsteuerbeträgen gegenrechnen. Und gerade hier zeigt sich der gravierende Nachteil der Kleinunternehmerregelung vor allem in der Gründungsphase eines Unternehmens.

Du hast zu Beginn deutlich verstärkte Ausgaben für Marketing (Homepage, Flyer, Briefpapier, Visitenkarten, Autowerbung etc.) und Anschaffungen wir Sportbekleidung und Trainingsequipment. Nehmen wir mal an, Du musst Dir zusätzlich ein neues Fahrrad und Leasingfahrzeug zulegen. Und gehen wir mal davon aus, dass Du Dir einen kleinen Raum für Dein Personal Training anmietest, der ja als Geschäftsraum gilt und Dir dadurch Mehrwertsteuer auf die Miete aufgeschlagen wird.

In der Summe werden all diese Beträge jährlich tausende (!!!!) Euros ausmachen. All dieses Geld verschenkst Du, weil Du die Kleinunternehmerregelung anwendest – und das ganze mal abgesehen von Ausgaben für Benzin, Fortbildungen, Büromaterial, Telekommunikation, Computer etc. Glaube mir, es sind wirklich tausende Euros. Und übrigens hier kommt immer das Argument mit dem Aufwand … damit ich nicht so viel Aufwand hab.

Unfassbar! Mal abgesehen davon, dass es tolle Buchhaltungssoftware gibt, die das alles automatisch macht, ist die viel viel bessere und vor allem sicherere Lösung das alles Deinem Steuerberater in die Hand zu drücken. Der kümmert sich um alles für Dich, schließlich hat er das gelernt. Wir sind Personal Trainer und unsere Eltern oder Partner in der Regel keine Steuerberater. Daher nimm Dir bitte dafür einen Experten so wie Du Dir wünschst, dass Dein Klient einen Gesundheitsexperten wie Dich engagiert.

Ich zahle für diesen ganzen Service an meinen Steuerberater knapp 55€ pro Monat – brutto versteht sich.

Ich hoffe sehr, ich konnte Dir anhand von allein diesen drei Themen aufzeigen, dass die Kleinunternehmerregelung nicht wirklich ein empfehlenswertes Instrument für uns als Unternehmer ist. Wenn Du jetzt sagst, ich hab eh nur einen Klienten, der am Samstag mit mir eine Trainingseinheit macht, dann danke ich Dir sehr fürs aufmerksame Lesen und dann vergiss meine Anregungen. Du betreibst ein tolles Hobby, aber kein Unternehmen.

Wenn Du aber auf dem Weg bist, Dein Geld mit Personal Training zu verdienen, dann beendet schnellstmöglich diese Regelung. Dazu sprich bitte Deinen Steuerberater an – spätestens zum 01.01.2018 solltest Du damit aufhören. dann kannst Du bereits jetzt Deine Klienten schon mal auf 13,30€ mehr Honorar vorbereiten. ?

Ich wünsche Dir viel viel Erfolg mit Deinem Unternehmen als Personal Trainer. Falls Du jetzt aber davon überzeugt bist, dass es richtig ist, diese Regelung anzuwenden, dann nenne mir bitte einen einzigen Vorteil der Kleinunternehmerregelung? Welchen Vorteil hat Dir Dein Steuerberater gesagt – ich hoffe, er hat Dir einen genannt, wenn er Dir sowas schon empfiehlt. Meist kommt dann nämlich, dass man ja seinen Klienten keine Umsatzsteuer berechnen muss. Ich hoffe sehr, dass ich diesen Fakt oben zur Genüge erläutert hab, wie gefährlich das eher ist. Der zweite Grund könnte sein, dass wir ja mit der Anwendung der Kleinunternehmerregelung weniger Aufwand haben. Entschuldige bitte, aber was für ein Blödsinn ist das denn? Du willst eine Firma gründen oder hast bereits eine. Wenn Du tatsächlich diesen sehr geringen Aufwand scheust, gründe bitte kein Unternehmen und werde nicht Personal Trainer. Das muss ich Dir leider in dieser Deutlichkeit sagen.

Ich freue mich natürlich wie immer über viele bereichernden Kommentare hier unter dem Beitrag, damit wir alle von den Erfahrungen anderer Kollegen profitieren können. Ich möchte nochmals betonen, dass dies meine ganz persönliche Meinung ist. Und da mir in 20 Jahren Unternehmertum noch nie jemand das Gegenteil bzw. die Sinnhaftigkeit dieser Kleinunternehmerregelung aufzeigen konnte, bleibe ich auch erst einmal dabei.

PS: Zum Schluss noch eine Geschichte, die sich tatsächlich so zugetragen hat und vertrau mir, das dies kein Einzelfall ist!

Es war einmal eine Kollegin, nennen wir sie Maxime Mustermann. Sie arbeitet seit Jahren als erfolgreiche Personal Trainerin. Alles ist gut, alles ist fein. Ihr und ihrer Familie geht es gut. Sie steuert einen guten Teil zum Familieneinkommen mit bei. Sie wendet die Kleinunternehmerregelung an und alles läuft wirklich gut. Außerdem wird sie von ihrem Mann in Steuerfragen betreut. Er kennst sich damit ein wenig aus und beide denken, dass sie sich die Kosten für einen Steuerberater ja sparen können. Und so geht es Jahr für Jahr….

Eines Tages bekommt Sie ein Schreiben vom Finanzamt, sie möge bitte 9.487,56€ Umsatzsteuer nachzahlen und sie müsse zukünftig ihren Klienten 19% Umsatzsteuer zum Stundenhonorar zzgl. berechnen.

Was war passiert?

Maxime und ihr Mann bemerkten nicht, dass sie schon vor drei Jahren über die Beitragsbemessungsgrenze gekommen sind. Konnten sie ja auch nicht. Er ist ja kein Steuerberater. Er hat ja nur nach besten Wissen und Gewissen Maximes Steuererklärung gemacht. Leider schont das Finanzamt uns nicht vor Unwissenheit.

Fakt war: Maxime musste alles zahlen. Eines war nämlich klar, dass sie natürlich nicht zu ihren Klienten gehen konnte und sagte: „Ich muss Ihnen leider für die letzten drei Jahre nachträglich die Mehrwertsteuer berechnen. Es tut mir leid und ich hoffe, es ist ok für Sie.“

Soviel für heute zum Thema Kleinunternehmerregelung.

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